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Fasnet in Riedlingen

Das Fasnetsbrauchtum in Riedlingen reicht Jahrhunderte zurück. Die älteste Erwähnung einer Fasnet in Riedlingen stammt bereits aus dem Ende desNeuer Gole Mittelalters. Die nächsten Nennungen folgen im 18. Jahrhundert, als der Riedlinger Magistrat und eine Deputation der Bürgerschaft "masquieren" und "Spihl-Leute" verbieten wollten.
Aus dem Jahre 1818 gibt es erste Belege für die Hauptfigur der Narrenzunft den "Gole". Die Herkunft dieses Begriffes ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise steht er im Bezug zum biblischen Riesen Goliath.
Die Narrenzunft "Gole", wie sie sich in der heutigen Zeit präsentiert, wurde 1865 gegründet und zählt über 1300 Mitglieder. Ursprünglich war es einfach der Riedlinger Narrenverein, der sich 1929 der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte anschloss und kurze Zeit später die heutige Bezeichnung erhielt. 
Wie jeder Verein hat sich auch die Narrenzunft "Gole" stetig weiter entwickelt. So wurden immer wieder alte Bräuche "hervorgekramt" und zu den schon bestehenden Masken passende Ergänzungen und Erweiterungen gefunden, was beispielsweise die Entstehung der Gole-Familie eindrucksvoll dokumentiert. Nur mit dem weiblichen "Gole", der "Golia", scheint es nicht geklappt zu haben, denn aus irgendwelchen Gründen passte sie nicht in diese Männergesellschaft: so modern war man in den Fünfzigern noch nicht eingestellt, folglich verschwand die "Golia" wieder aus der Reihe der Traditionsmasken.
Riedlingen ist die Stadt der "Mohrenwäscher". Als einst in Riedlingen ein Zirkus gastierte, war unter anderem auch ein Schwarzer, ein "Mohr" also, bei der Truppe. Die Einwohner der Stadt, die bislang noch nie einen Schwarzen gesehen hatten, waren der Meinung, dass es sich hier um einen Weißen handeln müsste, der sich nicht gewaschen habe. Sie schleppten ihn zum Brunnen am Marktplatz und versuchten den Mohr weiß zu schrubben. Es nützte nichts - er blieb schwarz. Seitdem heißen die Riedlinger "Mohrenwäscher" und als Symbol dafür wurde die Figur "Mohr" geschaffen. 
Als größte Riedlinger Maskengruppe begleiten die "Boppele" in ihren dunkelbraunen Plüschanzügen fröhlich hüpfend die Gole und sorgen mit ihren "Streckscheren" und "Saublotern" für ein närrisches Treiben. Entstanden ist die Figur im Jahre 1936 nach einem Entwurf von Adolf Gröber. Über die Schulter tragen die Boppele einen Ledergoller mit Metallschellen bestückt und am Rand mit Filzstreifen in den Narrenfarben grün, gelb, weiß und rot versehen. Im Gegensatz zum Golebegleiter weist die Holzmaske der Boppele einen heiteren, lachenden Gesichtsausdruck auf. 
Die Original-Maske der Kupfernäs stammt aus dem 18. Jahrhundert, also noch aus der Zeit vor dem Gole. Die Maske könnte eine Anspielung auf den damals stark vertretenen Stand der Bier-Brauer in der Donaustadt gewesen sein. Die Beschaffenheit der aufgemalten Barttracht deutet die Entstehungszeit an - und die rote Nase zeigt, dass es sich bei dieser Gestalt nicht unbedingt um einen Abstinenzler gehandelt haben dürfte. Zu schwarzen Schuhen trägt die Figur eine geblauschte lange Hose, einen gelben Kittel mit gekreuzten Schleifen in den Narrenfarben, schwarze Handschuhe und eine Geißel mit "Saubloter". Die Maskenhaube ist etwas bewegt geschnitten und der Kopf trägt einen Dreispitz. 
Das Besenweib soll eine bäuerliche, "schaffige" Frauengestalt darstellen. An der freundlichen Holzmaske befindet sich ein grünes Kopftuch, besetzt mit Streifen in den Narrenfarben. Das Häs besteht aus einem Hemd in gedämpften Farben und einem karierten bzw. gemusterten Rock 

Gole-BegleiterAuftakt der Riedlinger Fasnet ist am Mittwoch vor dem Schmotzigen Donnerstag nach Einbruch der Dunkelheit um 18.30 Uhr mit dem Gole-Rauslassen. Vor dem Gole-Heim versammeln sich die Kinder und rufen lauthals immer und immer wieder "Raus mit em Gole". 
Das eindrucksvolle Zeremoniell beginnt mit einem Fanfarenmarsch des Trommler- und Fanfarenzugs. Dann hält der Narrenbüttel seinen Prolog, ehe die Magnesium-Fackeln angezündet werden. Nun spielt die Stadtkapelle den Boppelesmarsch, worauf als erste die Boppele das Gole-Heim verlassen. Mit dem neuen Riedlinger Narrenmarsch der Stadtkapelle geht es weiter. Und nun treten die Fahnenträger heraus, dann die Besenweiber. Es folgen das Doppelgesicht, der Mohr und die Löwen, der Storch und die Frösche, die Gole-Begleiter und die Kupfernäs-Maskenträger. Der Trommler- und Fanfarenzug spielt wieder einen Fanfarenmarsch, ehe der Feuerbogen angezündet wird. Und nach einem Trommelwirbel treten sie endlich aus dem Gole-Heim: die drei Gole (Alter Gole, Neuer Gole, Gelbsucht) und werden vom Narrenbüttel begrüßt. Dann wird das Gole-Lied gesungen. Nach der letzten Strophe verlassen die Gole die Rampe. Der Narrenbüttel bahnt ihnen Platz zum Umzug durch die Stadt in Richtung Förderschule, durch die Innenstadt um den "Stock" auf den Marktplatz. Mit allgemeinem Schunkeln geht diese eindrucksvolle Veranstaltung zu Ende. 
Am "Glompigen Donnerstag" werden die Riedlinger Schüler durch die Narrenschar von ihren Schulpflichten befreit, denn der Gole benötigt viele starke Hände, die den Narrenbaum in die Stadt ziehen. Dieser wird nach einem Umzug um den "Stock" von den Zimmerleuten fachmännisch auf dem Marktplatz gesetzt. Sobald der Narrenbaum steht, folgt der Boppelestanz auf dem Marktplatz. 
Der Donnerstag Nachmittag gehört vor allem den kleinen Narren. In der Fußgängerzone findet die Riedlinger "Stroßafasnet" mit Narrentreiben, Umzug und Kinderspielen statt. Auch die Gastronomie schließt sich mit eigenen Angeboten wie Kinderdisco, Narrenkaffee und anderen Aktionen an. Kupfernäs
Am Abend des "Glompigen Donnerstags" treffen sich die Riedlinger Narren in der Stadthalle beim Narrenball bzw. am Sonntag beim programmgleichen "Zunftball". Wer einmal einen dieser Bälle besucht hat kann bestätigen, dass es den Akteuren jedes Jahr neue gelingt, ein Programm auf hohem Niveau zu bieten. 
Der Sonntag gehört hauptsächlich dem "Narrensamen". Nach einem Umzug der Zunft durch die Stadt werden den kleinen Narren in der Versteigerungshalle Spiele mit vielen Unterhaltungs- und Gewinnmöglichkeiten geboten. Neben der Halle können die Kleinen außerdem eine Rundreise mit der zunfteigenen Bahnlinie, dem "Golebähnle", das einst von Max Gairing gestiftet wurde, buchen. 
Traditioneller Höhepunkt der Fasnet für die Riedlinger Narren ist das Froschkuttelnessen am Fasnets-Dienstag. Um 8.45 Uhr versammeln sich die männlichen Narren im Rathaus, um danach im Gänsemarsch um den "Stock" zum Hotel "Mohren" zu ziehen. Im Mohrensaal herrscht dann trotz beengter Sitzverhältnisse ausgelassene Narrenstimmung. Neben dem Kuttelnschmaus und reichlichem Narrengesang werden in Reimform durch verschiedene Narrenkünstler die "unterjährigen" Missgeschicke so mancher bekannter Riedlinger vorgetragen. Zeitgleich treffen sich die "Weiber der Stadt" zu ihrem Froschkuttelnessen im Sportheim, wo ein ähnliches Programm stattfindet. Ab 11 Uhr werden die Herren der Schöpfung von den Weibern der Stadt auf dem Marktplatz erwartet. Da die Eingangstür des "Mohren" verschlossen wird, muss der Mohrensaal im ersten Stock über eine Rutsche verlassen werden. Danach folgt wiederum ein Gänsemarsch zum "Kreuz", in dem die Fensterläden bereits zugeklappt sind, da hier nun Witze erzählt werden. 
Jeden Fasnetsdienstag findet mittags ein großer Umzug statt, an dem sich Gruppen aus dem ganzen Umland sowie befreundeter Narrenzünfte der VSAN beteiligen. 
Wenn es in der "5. Jahreszeit" am schönsten ist, naht auch schon das Ende. So wird am Dienstag Abend die Fasnet auf dem Marktplatz verbrannt. Die Gole und Traditionsmasken ziehen anschließend mit einem Fackelumzug wieder ins Gole-Heim ein und "schlafen" dort bis "ma em Städtle wieder Gole schreit". 

skol, 26.2.03 und 6.2.02
Bilder ©  "Narrenspiegel"
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